Wie die Flüchtlinge Hamburg verändern

45.600 Flüchtlinge wollen in unserer Stadt ein neues Leben beginnen. Schaffen wir das? Das Abendblatt zeigt die Gesichter der Integration.
0101 Ankunft 0202 Hoffnung 0303 Schule 0404 Integrationskurse 0505 Studium 0606 Arbeitsmarkt 0707 Berufsleben 0808 Therapie 0909 Kriminalität 1010 Unterkünfte
Mirwais (23) und Forozan Peydayesh (18)
Flüchtlinge aus Afghanistan vor dem Ankunftszentrum

»Wir haben beide viel in Hamburg vor. Ich bin Pop-Musiker und möchte hier wieder in meinem Beruf arbeiten, meine Frau will Hebamme werden. Unser Kind wurde in Hamburg geboren. Aniza soll hier aufwachsen und glücklich werden.«


Jamshaid Nabi (27)
Flüchtling aus Afghanistan, lebt in der Unterkunft Curslacker Neuer Deich

»Das Warten ist eine Krankheit. Sie macht dich traurig, träge, manche macht sie wütend. Ich warte seit zehn Monaten auf meinen Asylbescheid. Ich halte mich an die Hoffnung und versuche, positiv zu bleiben. Aber ich vermisse meine Frau und mein Kind in Afghanistan.«


Cemile Niron
Lehrerin am Gymnasium Hamm

»Die Motivation der Flüchtlinge ist unerschütterlich. Das macht sie in vielerlei Hinsicht zu den besseren Schülern. Ihre Vergangenheit kann sie reif machen, aber auch als Gewicht an ihnen zerren. Wir versuchen, sie auf dem richtigen Pfad zu halten.«


Ani Windhager (35)
Lehrerin im Integrationskurs für Flüchtlinge

»Manche Männer in den Kursen sind religiös, ernst, ich muss aufpassen. Leider bestehen die Klassen aus zu vielen Syrern, sie sprechen arabisch, das ist respektlos. Aber ich bin eine Kämpferin, ich trage auch mal Minirock. Das lasse ich mir nicht nehmen.«


Kim (27)
Tutorin für Flüchtlinge an der Universität Hamburg

»Auf dem Weg zum Studium warten immer neue Herausforderungen. Umso mehr bewundere ich die Motivation und Willenskraft der Teilnehmer, trotzdem weiterzumachen. Ich hoffe, dass möglichst viele ihr Ziel erreichen werden.«


Tomislav Brčić (33)
Arbeitsvermittler im Jobcenter

»Ich begegne den Flüchtlingen auf Augenhöhe. Dann gehen wir Schritt für Schritt vor, damit sie auf dem Arbeitsmarkt eine gute Chance haben. Es gehört auch Geduld dazu, um einen qualifizierten Job zu finden, die ihren Talenten gerecht wird.«


Abed Oryhakhil (20)
Elektriker-Azubi in Niendorf

»Taliban zu werden war nicht mein Ding, deshalb bin ich geflohen. Ich liebe meinen Beruf als Elektriker, ich habe Freunde gefunden. Olaf Scholz hat mich als Beispiel für Integration gelobt. Aber vielleicht muss ich meine Ausbildung bald abbrechen.«


Sarah Inal
Therapeutin in der Flüchtlingsambulanz am UKE

»Fast alle jungen Flüchtlinge sind belastet, sie brauchen einen Anker. Ich versuche, zuerst ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und die Patienten zu stabilisieren. Auch viele der Eltern bräuchten eine Therapie. Aber es ist sehr schwer, für sie Hilfe zu finden.«


Dr. Irmgard Schrand
Islamwissenschaftlerin der Polizei Hamburg

»Bestimmte Gruppen versuchen über ganz alltägliche Gespräche, junge Menschen für den Dschihadismus zu gewinnen. Prävention ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Die wichtigste Ressource ist Zeit. Wir müssen uns für die Menschen interessieren, das ist elementar.«


Klaus Lohmann
Leiter der Unterkunft Elfsaal in Jenfeld

»Wir gehen gezielt an die Nachbarschaft und Vereine heran, damit die Flüchtlinge hier gut ankommen. Integration ist vor allem Reden und Zuhören. Leider ist die Willkommenskultur nicht mehr so ausgeprägt wie noch im letzten Jahr.«